
Biografie
Ein Leben für Musik in Zeiten zwischen Licht und Schatten

Kurzportrait
János Tamás wurde 1936 in Budapest in eine jüdische Kaufmannsfamilie geboren.
Seine Kindheit war überschattet von der deutschen Besatzung, doch blieb er im Versteck vor dem Zugriff der Nationalsozialisten bewahrt. Nach Kriegsende studierte Tamás am Béla-Bartók-Konservatorium Klavier und wurde 1956 an die Franz-Liszt-Akademie aufgenommen, wo er noch kurz bei Ferenc Farkas Kompositionsunterricht erhielt.
Während des Ungarnaufstands im Herbst desselben Jahres floh der junge Musiker über Wien in die Schweiz und fand ein Zuhause bei der kunstsinnigen Familie Max und Maggie Matter-Tobler in Schönenwerd, die ihn nicht nur wie einen Pflegesohn aufnahm, sondern auch seine Musikerlaufbahn tatkräftig unterstützte.
Während der ersten Schweizer Jahre studierte Tamás Klavier bei Walter Frey und Karl Engel sowie Dirigieren bei Paul Müller-Zürich und Pierre Boulez. Für seine kompositorische Entwicklung war der Unterricht bei seinem Landsmann Sándor Veress am Konservatorium Bern prägend. Nach einem ersten Engagement als Korrepetitor am Opernhaus Zürich wirkte Tamás in den 1960er Jahren als Dirigent des Städtebundtheaters Biel-Solothurn.
Von 1971 bis zu seinem Tod 1995 wirkte er als Hauptlehrer für Klavier an der Alten Kantonsschule Aarau und war neben dieser Tätigkeit als Musikpädagoge als Dirigent (Aargauer und Schweizer Gastspieloper, Orchesterverein Aarau) und Pianist, mit zunehmender Intensität aber als Komponist tätig.
Das kompositorische Œuvre von Tamás, insgesamt über 120 Werke, umfasst mehr als ein Dutzend Orchesterwerke, drei Oratorien («Das infernalische Abendmahl», «Noahs Tochter», «Die Stimmen der Erde»; neben Vokalmusik («Das Gewicht eines Vogels») nimmt v.a. die Kammermusik für verschiedenste Besetzungen und Werke für Klavier (ein Klavierkonzert, drei Klaviersonaten) eine zentrale Stellung im Schaffen ein. Bewegte sich das Komponieren von Tamás bewegte sich zunächst im Zeichen der (ungarischen) Tradition und liess auch Anklänge an das Vorbild Béla Bartók zu, entwickelte der Komponist zunehmend eine sehr persönliche, bildhafte, fantasievolle, empfindsame Klangsprache zwischen Dramatik und Poesie.
Zu den Interpreten, die sich nachhaltig für die Musik von Tamás einsetzten, gehörten u.a. der Flötist Alexandre Magnin, der Dirigent Thomas Baldinger und die Pianisten Jean-Jacques Dünki und Tomas Dratva. ​
«Vielleicht ist Musik etwas, was in uns schon immer zeitlos da ist und nur darauf wartet, komponiert zu werden. Zeitlos, allgemeingültig, einfach und verständlich zu schreiben, wäre mein Ideal, und dem Begriff Schönheit möchte ich neue Inhalte geben. Musik kommt mir vor wie ein unterirdischer See, aus dem der Komponist schöpft. Ich frage mich nie, was ich komponieren sollte, sondern viel eher: Welche Musik durch mich komponiert werden möchte.»
(János Tamás)
Die Schweizer Musikzeitung schrieb:
«Aus dem Blickfeld verschwunden, doch voll ergiebiger Rätsel.»
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Von Tamás' vielseitigem Werk bleibt noch vieles zu entdecken.
